Hintergründe

Grundlagen des emotionsfokussierten Coachings

Grundlage des emotionsfokussierten Coachings bilden, wie der Name es bereits vermuten lässt, Emotionen. Emotionen, welche umgangssprachlich häufig auch als Gefühle bezeichnet werden, stellen für viele Menschen etwas Vertrautes und doch Unbekanntes dar. So können die meisten von uns zwar einige Gefühle benennen und wissen grob, wie sich diese anfühlen, jedoch besteht oft kein wirkliches Verständnis ihrer Materie und des massiven Einflusses, welchen sie auf unser Leben und unser Verhalten haben. Fragen wie „Wofür gibt es Gefühle?“, „Wie können wir Gefühle unterscheiden?“ und „Wieso tauchen bei Ihnen in Triggersituationen wiederkehrend die gleichen Gefühle auf?“ lassen meine Klienten zu Beginn des Coachings oft noch rätseln, bilden jedoch die notwendige Grundvoraussetzung für eine dauerhafte Verhaltensänderung.
Emotionen steuern häufig unser Verhalten, da sie autonom von unserem Gehirn erzeugt werden, um uns zu Handlungen zu bewegen. Eine Person, die Angst verspürt, wird eine Tendenz haben die Situation zu verlassen (Flucht) oder erst gar nicht aufzusuchen (Vermeidung). Eine Person, die wütend ist, wird den Impuls verspüren in die Konfrontation zu gehen (Kampf) oder sich passiv-aggressiv zurückzuziehen (Distanzierung, umgangssprachlich auch als Schmollen bezeichnet). Scham verleitet uns zum Verbergen oder Relativieren von eigenen oder Schwächen anderer, Schuld hingegen zur Wiedergutmachung. Ebenso verhält es sich mit Trauer, Ekel, Einsamkeit, Neid, Eifersucht, Hoffnungslosigkeit, Enttäuschung, aber auch mit den sogenannten positiven Emotionen wie Freude, Stolz, Mut und Liebe. Jede Emotion legt uns eine Handlungsrichtung (Handlungsimpuls) nahe.
Neben der Steuerung unserer Handlungen geht jede Emotion zusätzlich mit körperlichen Veränderungen einher. Das Herz schlägt schneller, die Atemfrequenz erhöht sich, wir fangen an zu schwitzen und können uns schlechter konzentrieren, um nur einige der Veränderungen zu nennen. Frage ich meine Klienten nach der Sinnhaftigkeit dieser körperlichen Veränderungen, bezogen auf ihre konkrete, als problematisch erlebte Situation, kann auch diese Frage zu Beginn des Coachingprozesses häufig nicht beantwortet werden. Die Lösung des Rätsels liegt in der Tatsache begründet, dass jede Emotion von einer Adrenalin-Ausschüttung begleitet wird, welche für das körperliche Symptombild verantwortlich ist und urzeitgeschichtlich unser Notfallprogramm für das Aufeinandertreffen mit einer akuten Gefahr (z.B. dem Säbelzahntiger) darstellte. Sämtliche körperliche Veränderungen sollen also unsere Leistungsfähigkeit erhöhen. Dies erscheint den meisten meiner Klienten noch sinnvoll, wenn man die Erhöhung des Herzschlags oder der Atemfrequenz betrachtet. Jedoch haben sogar Übelkeit, Harndrang, Nackenverspannungen oder Konzentrationsstörungen eine tiefere Sinnhaftigkeit, welche gelesen werden können sollte, um den Emotionen ihre Macht zu nehmen.
Unser Gehirn versucht uns also unbemerkt in verschiedenen Situationen zu speziellen Handlungen zu bewegen und stellt uns darüber hinaus ein Notfallprogramm zur Verfügung, was unsere körperliche Leistungsfähigkeit erhöhen und uns auf den Säbelzahntiger vorbereiten soll. Zusammengefasst bezeichne ich dies als Schema. Es bleibt jedoch die Frage bestehen, wieso die Verspätung unseres Gegenübers bei einer Verabredung, eine Konfliktsituation auf der Arbeit oder eine vermeintlich harmlose Kritik unser Gehirn dazu veranlasst, uns unser Notfallprogramm samt Handlungssteuerung zur Verfügung zu stellen. Hier liegt die Antwort in unserer Lerngeschichte begründet. Wurden biografische Erfahrungen gemacht, welche unser Gehirn als schmerzhaft abspeicherte, wird es in Zukunft versuchen, uns über die oben beschriebenen Prozesse vor der Wiederholung dieser Erfahrungen zu schützen. Zudem wird unsere zukünftige Situationswahrnehmung entsprechend verändert. Wir achten sensibler auf Zeichen der Ablehnung anderer Menschen oder die Grenzüberschreitung einer anderen Person, ohne dass wir dies bemerken. Situationen werden somit unbewusst im Sinne unserer Lerngeschichte bewertet (durch die Brille unserer Lerngeschichte gesehen). Wird Wut, Angst, Scham, Schuld oder eine andere entsprechende Emotion dann unreflektiert ausagiert, sind wir im Zweifel sogar überzeugt davon, im Recht gewesen zu sein oder Unheil abgewendet zu haben, obwohl gar nicht überprüft wurde, wie die Situation ohne eine entsprechende Handlung unsererseits abgelaufen wäre. Unser Gehirn fühlt sich also eventuell zu Unrecht bestätigt, macht neue negative Lernerfahrungen und ein Teufelskreis entsteht.
An sich sind die beschriebenen Prozesse hochfunktional, da sie es uns ermöglichen, schnell auf Situationen zu reagieren und keine Ressourcen zu vergeuden. Jedoch ist dieses evolutionäre Überbleibsel häufig schlecht dosiert und die meisten meiner Klienten haben hohe zwischenmenschliche und/oder berufliche Kosten, werden diese Automatismen unreflektiert ausagiert.
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Emotionsfokussiertes Coaching

Leitgedanke des emotionsfokussierten Coachings

Der Leitgedanke des emotionsfokussierten Coachings ist die bestechende Logik, welche der menschlichen Psyche innewohnt und mit welcher ich mich nun bereits über 10 Jahre beschäftige. Es überrascht mich stets, dass Menschen glauben, innere Organe (z.B. das Herz) eines jeden Menschen würden identisch funktionieren, aber das Gehirn eines jeden Menschen sei in der Funktionsweise völlig individuell. Fakt ist, dass das Gehirn sich aufgrund von einzigartigen Lernerfahrungen entfaltet. Diese Lernerfahrungen treffen jedoch auf allgemeine, neuronale Gesetzmäßigkeiten des Gehirns und prägen sich daher meist in ähnlichen Verhaltensmustern aus.
Aufgrund der benannten Logik der menschlichen Psyche ist es mir daher häufig schon im Rahmen des Erstgesprächs möglich, anhand der mitgebrachten Thematik mit wenigen Rückfragen zu generellen Verhaltensmustern und Bewertungstendenzen auf das dahinter befindliche emotionale Erleben sowie auf biografische Eckdaten (wie z.B. Bindungsverluste oder Autonomieverletzungen in der Vorgeschichte) zu schließen und dies mit Ihnen zu teilen.

Zielsetzung des emotionsfokussierten Coachings

Das Ziel des emotionsfokussierten Coachings lautet, die emotionale Intelligenz (EQ) des Klienten zu erhöhen und ihn somit zum Experten seiner eigenen emotionalen Prozesse samt damit zusammenhängender Einflussfaktoren zu machen. Dies führt zwangsläufig dazu, dass auch Emotionen anderer Menschen gelesen und auf diese entsprechend eingegangen werden kann. Auswirkungen hat dies auf das Privat-, aber auch auf das Berufsleben. So zeigt sich laut aktueller Studienlage durch eine Zunahme an emotionaler Intelligenz u.a. ein tieferes Verbundenheitsgefühl in zwischenmenschlichen Beziehungen, eine generelle Abnahme der Konflikthäufigkeit, besseres Verhandlungsgeschick sowie eine höhere Teamfähigkeit.

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Methoden des emotionsfokussierten Coachings

Der Ansatz des emotionsfokussierten Coachings wurde von mir auf Basis meiner mehr als zehnjährigen Berufserfahrung als Psychotherapeut und Psychologe entwickelt.

Primär fußt das emotionsfokussierte Coaching auf folgenden Einflüssen:

  • Acceptance and Commitment Therapy (u.a. nach S. C. Hayes)
  • Emotionsfokussierte Psychotherapie (u.a. nach C.-H. Lammers)
  • Klärungsorientierte Psychotherapie (u.a. nach R. Sachse)
  • Schematherapie (u.a. nach J. E. Young)
 

Den genannten Psychotherapieverfahren wurden Elemente entnommen, auf die speziellen Erfordernisse eines Coachingprozesses angepasst und zusammengefügt. Dies ermöglicht ein sehr strukturiertes, individuell angepasstes Vorgehen, bei welchem stets der rote Faden gewahrt bleibt. Neben der Vermittlung von theoretischem Wissen steht die Anwendung im Privat- bzw. Arbeitsleben im Fokus, da nur eine Veränderung in der Praxis ein zufriedenstellendes Resultat darstellt.

Emotionsfokussiertes Coaching vs. „Reguläres“ Coaching

Es gibt eine Vielzahl von Coachingansätzen, welche etlichen Menschen weiterhelfen können. Oft geht es hierbei um einmalige Fragestellungen, wie die weitere berufliche Ausrichtung, einen konkreten Konflikt oder die sogenannte Work-Life-Balance. Das emotionsfokussierte Coaching hingegen richtet sich eher an eine Zielgruppe, welche wiederkehrende und für den Klienten hinderliche, oft schon lange vorhandene Verhaltensweisen zeigt bzw. wiederkehrend auf ähnliche Problemstellungen trifft und dadurch hohe zwischenmenschliche Kosten hat. Dies kann sowohl das Privat- als auch das Berufsleben betreffen.
In solchen Fällen kann durch ein reguläres Coaching häufig keine situationsübergreifende und anhaltende Veränderung geschaffen werden, was in immer wiederkehrenden Coachings resultieren kann oder dem Glauben, dass Coaching wirkungslos sei.

Häufig suchen mich daher gezielt Klienten auf, welche bereits diverse Coaching-Erfahrungen gemacht haben, ihre Thematik jedoch nie längerfristig verändern konnten.

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Emotionsfokussiertes Coaching vs. Psychotherapie

Oft taucht im Rahmen des Coachingprozesses die Fragestellung auf, worin sich denn das emotionsfokussierte Coaching von einer klassischen Psychotherapie unterscheidet. Der wohl größte Unterschied liegt darin begründet, dass sich das emotionsfokussierte Coaching an Menschen richtet, die unter ihrem emotionalen Erleben bzw. ihrer Schemastruktur leiden und nicht mehr bereit sind, private oder berufliche Kosten in Kauf zu nehmen, welche in der Vergangenheit durch gezeigtes Verhalten erzeugt wurden. Dieser Personenkreis hat also durchaus Leidensdruck, jedoch keine psychischen Erkrankungen wie z.B. eine depressive Episode, eine Zwangserkrankung oder Panikattacken, sodass das Coaching auch nicht als Heilbehandlung von der Krankenkasse getragen wird. Somit lässt sich in diesem Punkt eine klare Trennung vollziehen. Und doch gibt es hier eine Parallele zwischen dem emotionsfokussierten Coaching und dem Fachbereich der Psychotherapie. Leiden Menschen lange Zeit unter ihrer Schemastruktur oder werden die Kosten zu hoch, wächst das Stresserleben und somit die Wahrscheinlichkeit, dass es perspektivisch zu dem Auftreten psychischer Erkrankungen kommen kann, da viele dieser Erkrankungen mit Stress in Beziehung stehen. Der Leitgedanke des emotionsfokussierten Coachings ist daher auch immer ein präventiver.

Ein weiterer Unterschied besteht in den vermittelten Inhalten. Im Rahmen des emotionsfokussierten Coachings werden keine klassisch psychotherapeutischen Inhalte vermittelt, welche zur Heilbehandlung eingesetzt werden. Stattdessen kommen psychologische Coachingtools zum Einsatz, welche im Sinne der individuellen Ziele auf den Klienten angepasst werden.